Lässt sich bei normaler Darmpassagezeit Stuhl von normaler Konsistenz nur durch ange- strengtes Pressen absetzen oder die Entleerung bleibt inkomplett und bedarf manueller Hilfe, liegt der Verdacht auf eine obstruktive Entleerungsstörung nahe.
Die häufigste „Entleerungsstörung“ ist eine vermeintliche: Vergrößerte hämorrhoidale Gefäßpolster oder ein anteriorer Mukosaprolaps täuschen Stuhldrang vor, ohne dass der Enddarm gefüllt ist. Jeder Entleerungsversuch ist zum Scheitern verurteilt. Sklerotherapie oder eine Gummibandligatur können das Problem oft schlagartig beseitigen.
Insbesondere im Alter und bei Frauen, denen die Gebärmutter entfernt wurde, kann es zu einer Einstülpung (Invagination) des Enddarms in sich selbst kommen, entweder teilweise oder die ganze Zirkumferenz betreffend.
Man spricht von einem inneren oder okkulten Rektum- prolaps – im Gegensatz zum manifesten, wenn die Ein- stülpung nach außen vorfällt und sichtbar wird (Bild9). Durch die Einstülpung kommt es zu einem Blockadegefühl, das zum Pressen verleitet und einen circulus vitiosus (Teufelskreis) einleitet: je mehr gepresst wird, umso mehr nimmt der Grad der Einstülpung zu.
Ein Prolaps kann operativ beseitigt werden, entweder transanal oder transabdominell. Im ersten Fall wird der eingestülpte Anteil des Darms entfernt und die Kontinuität des Darmrohrs mit einer Anastomose wiederhergestellt (Operation nach Altemeier). Im zweiten Fall wird der Enddarm hochgezogen und an der hinteren Beckenwand fixiert (Rektopexie). Besteht eine deutliche Verlängerung, kann der Darm gleichzeitig gekürzt werden, um einer Obstipation vorzubeugen.
Sozusagen das Gegenteil einer Einstülpung ist die Rektozele bei einer Frau. Hier stülpt sich die Vorderwand des End- darms aus, quasi in die Scheide hinein, der anal eingeführte Finger tastet eine Aussackung, in der der Stuhl während des Entleerungsvorganges teilweise zurückgehalten wird.
Folge ist ein Gefühl inkompletter Entleerung, häufiger Stuhl- drang und ausgetrockneter Stuhl, der durch das Verweilen im Enddarm entsteht. Eine Rektozele kann angeboren sein (Fehlentwicklung der Rektumscheidenwand), trifft aber zumeist Frauen im mittleren Lebensabschnitt, insbesondere im Zusammenhang mit einer Beckenbodensenkung. Ist eine Operation angezeigt, kommen transanale Klammernahtverfahren und manuelle Verfahren in Betracht, wobei ich die Operation nach Sullivan, transanale Raffung der Rektumvorderwand in Quer-und Längsrichtung, bevorzuge.
Mit „descending perineum“, der abnormen funktionellen Senkung des Beckenbodens, wird der Funktionsverlust der Levatorenmuskulatur beschrieben, der zu einer Störung der Ent- leerung führen kann. Da dem Austreibungsdruck das Widerlager fehlt, verpufft er in einer Ballonierung des Beckenbodens (Kontinenzorgan). Der Beckenboden tritt während der Defäkation tiefer als normal, der anorektale Winkel flacht sich übermäßig ab. Vor allem ältere Frauen sind betroffen. Ursache können jahrzehntelanges, übermäßiges Pressen bei der Defäkation, mehrfache Entbindungen, lang andauernde Presswehen oder eine Neuropathie sein. Hier kann eine differenzierte ballaststoffreiche (unlösliche Ballasstoffe) Ernährung mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr helfen. Ist auch der Sphinkterapparat geschwächt, kann statt einer Obstruktion auch Inkontinenz die Folge sein.
Eine sehr seltene Entleerungsstörung ist die Dyskinesie der Puborektalschlinge, desjenigen Muskels, der sich als unterster Anteil der Beckenbodenmuskulatur von Schambeinast zu Schambeinast wie eine Schlinge um den Übergang vom Enddarm in den After herumzieht (Kontinenzorgan). Diese Muskelschlinge hält die Abknickung des Rektum zum Analkanal aufrecht, den anorektalen Winkel. Sie spannt sich automatisch an, wann immer die Kontinenz gesichert werden muss, beim Husten und Nießen ebenso wie beim Treppensteigen, und sie erschlafft normalerweise während des Entleerungsvorgangs. Tut sie dies nicht, sondern erhöht sie sogar noch ihren Tonus, sprechen wir heute von einer Dyskinesie. Ursprünglich wurde dieses Phänomen schon in den 60-iger Jahren von Wassermann als „paradoxe Pubo- rektaliskontraktion“ beschrieben. Die Ursache ist unklar.
Zur Diagnostik und Dokumentation einer Entleerungsstörung ist eine Defäkografie unerlässlich.